Wenn der Berg ruft oder bist Du noch ziellos auf Deinem Lebensweg?

Ich bin vor kurzem das erste Mal in meinem Leben für mehrere Tage am Stück in den Alpen wandern gewesen. Diese erlebnisreichen Tage waren nicht nur sehr beeindruckend, sondern haben auch eine Menge in mir bewirkt. Zu Zweit erwanderten wir – meine beste Freundin und ich – uns unsere Mahlzeiten von Hütte zu Hütte in 4 Tagen.

Nach meinem letzten Blogartikel ist einige Zeit ins Land gegangen. Ich hatte trotz zwischenzeitlicher Stabilisierung erneut einen Bandscheibenvorfall erlitten und entsprechend Zeit im Krankenhaus aufgrund der notwenigen Operation und in der anschließenden Reha verbracht.

Dennoch hatte ich keine Sekunde daran gezweifelt, dass ich bis zur geplanten Wanderung wieder fit sein würde und habe wirklich alles dafür getan, dass ich diese nur 6 Wochen nach dieser OP auch antreten kann. Absagen war für mich keine Option.

Was Du von einer herausfordernden Bergwanderung für Dein Leben lernen kannst

11 Höhenbekenntnisse

1. Der Blick vom Tal zum Berg

Manchmal erscheinen uns die Herausforderungen im Leben wie ein riesiger Berg, an den man sich kaum heran traut. Um ein solches selbst gestecktes Ziel zu erreichen, kann man die Seilbahn nehmen, aber die Erfahrung des Weges dorthin geht Dir damit verloren. Oder Du bleibst im Tal hängen und träumst weiterhin vom Berg. Es ist eine solche Bereicherung, von oben auf den zurück gelegten Weg blicken zu können mit all seinen Strapazen und einzigartigen Momenten. Das erfüllt Dich mit Stolz und mit Ehrfurcht vor Deiner eigenen Stärke.

Je nach der Größe Deines Zieles ist der Weg entsprechend lang oder beschwerlich, vielleicht auch beschwingt und voller Fröhlichkeit. Es gibt keine allgemein gültige Formel, welche Strecke Du nach einer bestimmten Zeit zurück gelegt haben solltest auf Deinem persönlichen Lebensweg.

2. Das Ding mit dem Hier und Jetzt

Mittlerweile redet die ganze Welt vom Leben „im Hier und Jetzt“. Ich finde das manchmal nicht einfach umzusetzen, denn zu groß ist die Versuchung, sich Gedanken über die Zukunft zu machen oder Vergangenes nicht ruhen lassen zu können. Auch das Ablenkungspotential durch alltägliche Dinge kann hinderlich sein und ebenso uns Gedanken über Dinge zu machen, die uns aus der Ruhe und aus dem Konzept bringen.

Ich bin noch keine Meisterin darin, das „hier und Jetzt“ zu leben. Vielleicht habe ich gerade deshalb auf dieser hochalpinen Wanderroute um so mehr gespürt und erlebt, was das wirklich heißt. Schon allein wegen meiner voran gegangenen Rückengeschichte bin ich äußerst vorsichtig gelaufen, habe ganz genau hingeschaut, wohin ich trete und hatte meine volle Konzentration und Aufmerksamkeit auf den Weg unmittelbar vor mir gerichtet. Für Sorgen oder Ängste war da schlicht kein Platz.

3. Das Chaos Deines Lebens trägst Du auf Deinen Schultern

Je mehr wir uns verzetteln mit unwichtigen Dingen, desto weniger blicken wir noch durch in dem uns umgebenen Chaos. Darum fühlen sich die meisten Menschen im Urlaub – weit weg aus der gewohnten Umgebung und mit weniger persönlichen Dingen im Gepäck, als sie zu Hause haben – deutlich entspannter. Sie lassen nicht nur ihre persönlichen Habseligkeiten zu Hause, sondern auch ihre Sorgen.

Ich stelle immer wieder fest, wie gut es tut, mit nur sehr wenig Gepäck zu reisen. So wenig wie möglich, so viel wie nötig. Den Löwenanteil meines Gepäckes machten Freude, Ehrgeiz, Willensstärke und Enthusiasmus neben ein paar wenigen Kleidungsstücken und dem Hüttenschlafsack aus.

Es ist einfach unheimlich befreiend, mich nicht mehr um viel (unnützen) Kram kümmern zu müssen, sondern mich mit den wesentlichen Dingen zu befassen. Wie eingangs erwähnt bin ich eine Rückenproblem-Kandidatin, was mich förmlich gezwungen hat, umzudenken und -fühlen.

4. Auch wenn es weh tut, auch dann…

weitermachen. Kampfgeist zeigen – für Dich. Wenn Du Deinen Traum von Deinem Leben leben willst, wirst Du vielleicht nicht jeden Tag Sonnenschein haben. Manche Erfahrung wird weh tun oder Dich ein kleines Stück zurück werfen. Vor allem ist dann innehalten angesagt, eine kurze Pause einlegen, Dich stärken und neu justieren. Nur zurück gehen und aufgeben sollte nicht Deine Option sein. Wenn andere vorbei ziehen, lass sie ziehen. Du bestimmst Dein Tempo und Deine Gangart ganz allein.

Meine größte Herausforderung war, meinen Rücken unbeschadet durch die Berge zu tragen. Die Füße und die meine Knie hatten dafür um so mehr zu leisten. So blieb nicht aus, dass massenhaft Blasenpflaster zum Einsatz kamen. Meine Knie hatten am Abstieg hart zu kämpfen.

Es ist ein bisschen verrückt, doch hatte ich gelerntes aus autogenem Training auf dieser Bergtour angewendet und gedanklich mit meinen geschundenen Fersen und meinem angeschwollenen Knie gesprochen, um den Schmerz zu lindern und die inneren körpereigenen Kräfte zu aktivieren. Diese Methode zeigte Wirkung und hatte Erfolg. Welch Wunder..

5. Ziel verfehlen ist keine Option

Wenn von Dir selbst oder Dir durch andere Umstände Steine in den Weg gelegt werden, ob gewollt oder ungewollt, lerne darüber zu steigen oder um sie zu umgehen. Wenn Du mit dem Auto eine längere Strecke vor Dir hast, sind ein Stau und eine Autopanne schließlich auch kein Grund, dass Du statt in München in Berlin ankommst.

Steine im Weg sind die Lehrstücke im Leben. Gäbe es diese nicht, würden Dir die Erfahrungen der Herausforderung fehlen. Wie oft stand ich in diesen paar Tagen in den Bergen vor den nächsten 10 Metern mit Felsvorsprüngen und Geröll und habe überlegt, wie ich am besten weiter voran komme. Ich h

ab geschwitzt, auch mal kurz geflucht, ungläubig mit dem Kopf geschüttelt und bin rückwärts die Felsen herunter gekrabbelt. Aber ich hab stets die nächste Hütte im Blick gehabt, obwohl ich diese noch nicht sehen konnte, und nie ans Umkehren gedacht.

Je fester Du also an Deine Ziele glaubst, desto energischer wirst Du sie verfolgen, mit allen Stolpersteinen und (fast) egal, wie viel Zeit Du brauchst.

6. Sei gut mit Dir und mit anderen

Die Redewendung „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück“ kennst Du ganz sicher. Es ist also ein sehr großer Unterschied, ob Du Dich verschließt und Dich allein in Deinem Kosmos bewegst oder ob Du Dich öffnest und Dich austauschst, Deine Fröhlichkeit und Freundlichkeit um Dich herum versprühst, zumal der Umgang miteinander mit einer gewissen Portion Leichtigkeit viel angenehmer ist für Dich und Dein Gegenüber. Je offener Du auf andere (vielleicht auch fremde) Menschen zugehst, desto mehr Offenheit und Aufmerksamkeit bekommst Du zurück.

Um ehrlich zu sein hatten wir 2 pure Anfängerinnen in Sachen Bergwandern fest damit gerechnet, dass man uns auslachen würde, eine solche Tour für Fortgeschrittene zu laufen. Da hatten wir uns wirklich gründlich geirrt, obwohl wir uns geoutet haben gegenüber versierten Bergwanderern. Vielleicht auch, weil wir über uns selbst lachen können, offen und interessiert auf andere Wanderer zugegangen sind. Es ist wie in vielen anderen Bereichen oder Interessengebieten: Wenn man auf Gleichgesinnte trifft, ist der Austausch viel einfacher, die Bereitschaft für Unterstützung größer. Dafür muss man nicht in die Berge gehen, da reicht auch die banale freundliche Konversation an der Supermarktkasse.

Ich glaube, der Schlüssel liegt darin, sich selbst zwar ernst, aber nicht zu wichtig zu nehmen, über sich selbst und mit anderen Menschen lachen zu können. Schließlich ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ein Lächeln.

7. Mund aufmachen und Zähne zeigen

Aber bitte nicht Zähne fletschen und bissig sein, das meine ich nicht.. Aber sich nicht zu fein sein, ein Lächeln abzugeben, wenn nötig um Hilfe zu bitten, zu fragen und das alles mit einem freundlichen Gesicht. Wer fragt, gewinnt. Sei also in Kontakt, mach den Mund auf und erfahre so, wie Du zu Deinem Ziel kommen kannst. Andere vor Dir haben bereits Erfahrungen gesammelt und Du kannst von ihnen lernen. Doch Du wirst nur wohl gemeinte Antworten auf Deine Fragen bekommen, wenn Du Deinem Gegenüber freundlich gestimmt bist.

Ich wäre den Berg nicht mehr heil hinunter gekommen, hätte ich nicht andere erfahrene Bergwanderer gefragt, wie ich wohl meine Wanderschuhe reparieren könne, deren Sohlen sich gelöst hatten. Und ja, und auch „ach wie super toll“, dass sie sich professionell meiner kaputten Schuhe angenommen und diese geflickt haben.

Manche Begegnungen sind vielleicht nur von kurzer Dauer, stiften jedoch so viel Wert, dass man allein von dieser Erfahrung so lange zehren kann.

8. Keine Sorge, dass Du nicht gesehen wirst

Wer sein ganzes Denken und Fühlen auf positiv und auf Liebe programmiert, geht aufrecht und erhobenen Hauptes. Es geht nicht darum, alles und jeden um Dich herum zu lieben, zu allem Dich umgebenen „ja“ zu sagen, sondern Dich klar zu positionieren mit Deiner Meinung und Deinen Empfindungen und eine positive Ausstrahlung zu haben. Je mehr Du mit Dir selbst gut bist, um so aufrechter bist Du in Deiner Körperhaltung. Je aufrechter Deine Körperhaltung, desto größer erscheinst Du, auch wenn Deine Körperhöhe möglicherweise nur 1,50 Meter misst. Je mehr Du in Deinem individuellen Element bist, desto mehr wirst Du gesehen, sowohl von Gönnern und Neugierigen als auch von Neidern und Nörglern. Letztere werden Dir nichts anhaben können, weil Du von Deiner positiv geladenen Aura umgeben bist. Mach nicht den Fehler, jemanden, der Dich nur kritisiert, weil ihm die Macht Deiner positiven Energie, Deine Freude oder Deine Fröhlichkeit missfällt oder damit nicht umgehen kann, missionieren zu wollen.

9. Pausen einlegen

Kurze Pausen, lange Pausen, Verschnaufen, Kraft tanken.. alles das gehört dazu, um einen Weg erfolgreich zu meistern. Du bestimmst Dein eigenes Tempo. Es bringt Dir nichts, jemand anderen hinterher zu “rennen“, nur um ihn einzuholen. Du bist nicht auf der Flucht, nur auf Deinem eigenen Pfad. Sei aufmerksam und bedacht, und schau, wohin Du trittst.

Für ausgewiesene 5 ½ Stunden Gehzeit haben wir als Bergwander-Anfängerinnen eben 8 ½ Stunden benötigt und für 3 ½ Stunden laut Wegweiser in 2100 Metern Höhe nun mal 5 ½ Stunden. Warum? Weil der Weg spannend war, es viel Kraft kostete, und wir genossen haben, was wir sahen und hörten wie zum Beispiel Gamsböcke und pfeifende Murmeltiere, die uns wiederum neugierig geäugten. Weil wir mit anderen Wanderern schnackten (=small talk auf norddeutsch), die wir auf unserem Weg trafen und die dennoch viel schneller unterwegs waren als wir.

Es ist nicht so wichtig, wie schnell Du ankommst, sondern dass Du ankommst. Und zwar bei Dir und nicht im Schatten der vor Dir gehenden. Nur dann hast Du die Zeit, Deinen bisherigen Weg zu reflektieren und die weitere Richtung festzulegen. Verrennen kostet nur Kraft und Zeit.

10. Durchhaltevermögen

Alle kleinen Schritte in die richtige Richtung führen zum Ziel. Auch wenn Dir der Weg lang erscheinen mag, Schritt für Schritt kommst Du voran. Du kannst Deinen Weg wie ein Projekt betrachten, aufgeteilt in Meilensteine und wiederum aufgeteilt in viele kleine Arbeitspakete. In den Arbeitspaketen passiert das wesentliche, nämlich die eigentliche „Arbeit“, nicht im „Sprung“ von Meilenstein zu Meilenstein.

Durchzuhalten heißt auch, Dir die Pausen zu gönnen, die notwendig sind. Sonst brennst Du aus und machst Dich kaputt. Deine Motivation sollte der Spaß und die Freude auf dem Weg sein, nicht der verbissene Blick auf das Ziel. Was glaubst Du, wie toll es ist, das nächste Etappenziel zu erblicken, erst recht wenn Du weißt, wie viel Freude es bis dorthin gemacht und manchmal auch Schweiß und Blasen an den Füßen gekostet hat.

11. Das Belohnungssystem

Du darfst Deine Erfolge auch feiern, wie Du es gern tun möchtest. Wenn Du Zwischenziele erreicht hast, gönn Dir was. Ob es nun ein Abend bei einem feinen Essen ist, ein Wochenende zum Entspannen am Meer (oder in den Bergen), oder Du beschenkst Dich selbst, bleibt Dir überlassen.

Es muss nichts großes weltbewegendes sein. Wir freuten uns nach jeder Tagesetappe auf ein frisch gezapftes kühles Bier und eine anständige Bergsteigerinnen-Mahlzeit auf der Hütte. Und nach einem langen und steilen Abstieg war das Bad im 13 Grad kalten See krönender Abschluss und Belohnung zugleich von der Anstrengung des Tages. Die Tränen vor lauter Glück und Freude, diese Tour bewältigt zu haben, gab es obendrein umsonst.

Sei also auch stolz auf Dich und Deine Leistung. Es geht eben nicht darum, anderen etwas zu beweisen, sondern das zu tun, was Dich mit Freude und Glück erfüllt und anzuerkennen, was Du, und zwar Du allein, geleistet hast. Dafür hab Dich selbst lieb und feiere Dich.

Du siehst den großen Berg und weißt noch nicht, wie Du diesen erklimmen sollst?

Jeder einzelne überwundene Stein ist ein Schritt in eine von Dir bestimmte Richtung.

Selbst wenn Dein Berg mal in tief hängenden Wolken verschwindet, weißt Du, dass er da ist. Solange Du einen Weg eingeschlagen hast, der in diese Deine gewählte Richtung führt, darf der Weg durchaus mit Stolpersteinen und Pausen gepflastert sein. Stolpersteine zu überwinden lassen Dich Deine Kraft spüren und machen zudem Freude, weil Du dabei lernst. Ein Weg schnurgerade ohne jegliche Abwechslung wäre doch langweilig, oder?

Pausen – seien sie zur Justierung der Richtung oder auch zum Durchatmen – sind alles andere als eine Schande. Ganz im Gegenteil: Sie sind für Dich notwendig, um Kraft und Energie zu tanken für den kommenden Abschnitt Deines Weges. Du willst doch schließlich nicht vor etwas davon laufen, sondern einen Weg beschreiten, auf dem Du Dich gut fühlst.

Also bleib auf Deinem Weg, geh ihn in Deinem Tempo, Step by Step. Jeder ist anders und individuell. Aber konzentriere Dich auf das Wesentliche in diesem Moment und gib Acht auf Dich.

…weil Dein Leben Dir gehört…

Alles Liebe

Deine

bambusa-vivian-black_01

P.S. Lass mich wissen, welche Stolpersteine Dir im Weg liegen und wie der Berg heißt, den Du erklimmen willst.